Geschichte des Heimatbundes

Im Jahr 1982 wurde das Museum, das von Oswald Klose und dem Heimatbund Wiedensahl ins Leben gerufen wurde, im über 400 Jahre alten Pfarr-Bauernhaus eröffnet, in dem Wilhelm Busch zwischen 1872 und 1878 viele seiner bedeutenden Werke schuf. Das Museum entstand aus einer privaten Sammlung und bietet den Besuchern im ersten Ausstellungsbereich eine Reise zurück in die Erd-, Ur- und Frühgeschichte. Hier können Sie Saurier-Fußabdrücke, Mineralien, Fossilien und Gesteinsarten aus der Eiszeit bewundern. Darüber hinaus werden Tongefäße und Steingeräte aus einer nahegelegenen Cherusker-Siedlung ausgestellt.

Ein Großteil der gezeigten Exponate wurde über Jahrzehnte in mühevoller Kleinstarbeit vom Gründer Oswald Klose zusammengetragen. Der Geschichte und Entwicklung des Marktfleckens Wiedensahl ist ein weiterer Ausstellungsbereich gewidmet.
Hier finden sich schriftliche Dokumente, geschnitzte Hausbalken und Werkzeuge aus Landwirtschaft und Handwerk. Eine Schusterecke verweist auf die bis zu 40 Schuhmacher mit eigener Innung, die es zeitweise in Wiedensahl gegeben hat.
Jährlich zur Saisoneröffnung im April organisiert das Museum Kunstausstellungen und Aktionen.

Geschichte des Geburtshauses von Wilhelm Busch

1927 sollte das Geburtshaus von Wilhelm Busch in Wiedensahl abgerissen werden. Als Friedrich Tewes (Vorsitzender im Heimatbund Niedersachsen) den Mitgliedern diese Nachricht mitteilte, war das Entsetzen im Heimatbund Niedersachsen in Hannover groß. Es wurde ein Arbeitsausschuss gebildet, in dem nur Hannoveraner vertreten waren, denn die Wiedensahler vertraten folgende Auffassungen:

  • In das „baufällige Gebäude“ lohnt es sich nicht, so viel Geld rein zu stecken. Die Sanierungskosten sind zu hoch
  • Welche „Spender“ sollen das bezahlen?
  • Wenn es fertig würde, wer sollte dann den Unterhalt bzw. die Folgekosten tragen?
  • Ein W.B.-Museum in Hannover ist genug. Wir brauchen kein zweites W.B. Museum

1927 wurde für das Geburtshaus in Zeitungen, z.B. dem Kulturring, zu W.B. Spenden aufgerufen, um das Geburtshaus zu sanieren und ein Museum zu bauen. 1930 wurde die W.B. Gesellschaft gegründet, die die Sanierung, die Spender, den Unterhalt für das Museum und die Pflege des kulturellen Erbes von W.B. übernommen hat.

Ab 2001 haben der 2001 gegründete Förderkreis W.B. und der Landkreis Schaumburg den Unterhalt des Geburtshauses bzw. Folgekosten übernommen. 2014 wurden die Museumslandschaft Wilhelm Busch Wiedensahl e.V. gegründet. Die Museumslandschaft W.B. Wiedensahl besteht aus Gemeinde, Samtgemeinde, Landkreis, Heimatbund und Förderkreis W.B.. In Wiedensahl fiel die Entscheidung, dem Landkreis Schaumburg 1974 beizutreten, da Wiedensahl in der Samtgemeinde Niedernwöhren seine Eigenständigkeit bewahren durfte, nicht aber in der Einheitsgemeinde Rehburg Loccum in Nienburg.

Geschichte des Alten Pfarrhauses, Wohnstätte von Wilhelm Busch

1967 sollte das alte baufällige Pfarrhaus abgerissen werden, als das neue Pfarrhaus gebaut war. Die Argumente waren die Gleichen wie schon 1927 beim Geburtshaus:

  • Für das „baufällige Gebäude“ sind die Sanierungskoten zu hoch
  • Wer soll das bezahlen?
  • Wenn es fertig würde, wer sollte dann den Unterhalt bzw. die Folgekosten tragen?
  • Das neue Pfarrhaus wurde gebaut. Wozu brauchen wir noch das Alte Pfarrhaus?

Beim Alten Pfarrhaus hat der Heimatbund Niedersachsen in Hannover unter Dr. Lampe sich 1967 für den Erhalt eingesetzt. Es wurden Fördermittel beantragt und das Alte Pfarrhaus konnte saniert werden. Am 28.12.1976 wurde die Arbeitsgruppe Wiedensahl im Heimatbund Niedersachsen e.V. gegründet. Daraus entstand der Heimatbund Wiedensahl e.V. 2012. 1982 haben Oswald Klose und der Heimatbund das Museum eröffnet.

 2012 kamen dann Brandschutzauflagen und der Heimatbund hätte das Museum im Alten Pfarrhaus eigentlich schließen müssen, denn:

  • Das Gebäude gehört der Kirchengemeinde. Es fehlte ein Nutzungsrecht
  • Brandschutzauflagen erforderten viel Geld und Arbeit
  • das Museum muss barrierefrei erreichbar sein

Für das Museum im Alten Pfarrhaus gab es ein Wunder von Wiedensahl.

  • Der Heimatbund hat ein Nutzungsrecht vom Kirchenvorstand erhalten
  • Geldmittel für eine Sanierung des Museums wurden bereitgestellt:
    • 20.000 € aus dem Bingo-Programm
    • 37.500 € vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur
    • 22.000 € aus dem Leader-Programm

Den Umbau von ca. 80.000€ haben engagierte Mitarbeiter unter Leitung von Birgit und Kurt Cholewa im Museum im Jahre 2013 vollzogen.

Für den Unterhalt der Museen im Geburtshaus und im Pfarrhaus ist die Museumslandschaft Wilhelm Busch Wiedensahl e.V. seit 2014 zuständig. Diese besteht aus Heimatbund Wiedensahl e.V., Förderkreis Wilhelm Busch Wiedensahl e.V., Gemeinde Wiedensahl, Samtgemeinde Niedernwöhren und Landkreis Schaumburg.

Woher kommen die Namen, wie z.B. Nordsehl, Wiedenbrück oder Wiedensahl?

In Heft 3/2009, S.87: „Geweihter See“ oder „Weidenteich“? Wurde über die Bedeutung des Namens Wiedensahl geschrieben.Ein Professor Udolph spricht sogar von einem Tümpel, einem Wasserloch, einem „Weidentümpel“. Offensichtlich wusste er nicht, dass darin Karpfen gezüchtet wurden.

Wegen unterschiedliche Meinungen zur Herleitung des Namens Wiedensahl haben wir uns damit intensiv befasst und sind zu folgendem Ergebnis gekommen:

Der Name Nordsehl kommt von „Herrenland im Norden“. Der Name Wiedenbrück kommt von Holzbrücke (Holz ist gleich Wald). Deshalb bedeutet Wiedensahl „Herrenland im Wald“. Dies passt sehr gut mit der Geschichte der „Holzgrafschaft der Holzmarken zu Wiedensahl“ (Hoyer Urkundenbuch, Seite 874) zusammen, welches das Herrenland der Grafen von Hoya, von Schaumburg, der Bischöfe von Minden oder des Abtes in Loccum war (Abtshof). Sahl, Sohl oder Sehl bedeutet also Herrenland, und kann nicht wie behauptet vom Sahl im Dorf Wiedensahl hergeleitet werden. Der Sahl war ebenfalls zeitweise Herrenland des Abtes und darin wurden Karpfen für die Fastenzeit gezüchtet. Als Karpfenteich wurde dieser noch zwischen den Weltkriegen verpachtet.

Kommen wir zurück auf den ersten Wortteil „Wieden…“, könnte man das altsächsische Wort „widu“ in ihm erkennen:

wido* 1, widu*, wid-o*, wid-u*, as., st. M. (u), st. N. (u): nhd. Holz, Wald; ne. wood (N.); Vw.: s. -hoppa*, -mānuth*, -winda*; Hw.: widėri*; vgl. ahd. witu* (st. M. u, st. N. u); Q.: GlG (11. Jh.), ON, PN; E.: germ. *widu-, *widuz, st. M. (u), Wald, Holz, PN; idg. *u̯idʰu-, Sb., Baum, Holz, Pokorny 1177; s. idg. *u̯eidʰ-, *u̯idʰ-, V., trennen, Pokorny 1127; W.: mnd. wede, M., Wald; B.: GlG u(u)… Wa 64, 7a = SAGA 72, 7a = Gl (nicht bei Steinmeyer); Son.: Schlaug, W., Studien zu den altsächsischen Personennamen des 11. und 12. Jahrhunderts, 1955, S. 159, S. 229 (z. B. Withere, Widdula?), Schlaug, W., Die altsächsischen Personennamen vor dem Jahre 1000, 1962, S. 175 (z. B. Widukind), Niedersächsisches Ortsnamenbuch 4, 427 (z. B. Wiershausen) und öfter  – wooden/hölzern = Wiedenbrück (hölzerne Brücke)

Wichtig erscheint mir die Doppelbedeutung von „Holz“ und „Wald“, wie sie sich auch im deutschen Worte „Holz“ findet („Danieden in jenem Holze…“). Dass “widu” sprachlich zu “wieden” werden kann (vgl. engl. wooden = hölzern, aus Holz), sieht man u. a. an dem Wort „Wiedehopf“. Im Altsächsischen heißt es

widohoppa* 4, widuhoppa*, wido-hop-p-a*, wid-u-hop-p-a*, as., st.? F. (ō): nhd. Wiedehopf; ne. hoopoe (N.); ÜG.: lat. upupa GlP, GlVO, GlTr; Hw.: vgl. ahd. wituhopfa* (sw. F. n); Q.: GlP (1000), GlVO, GlTr; E.: germ. *widuhop-?, Sb., Wiedehopf?; idg. *u̯idʰu-, Sb., Baum, Holz, Pokorny 1177; herkömmlich wird der Vogelname als Waldhüpfer gedeutet

Daneben gibt es im Altsächsischen zahlreiche Ableitungen zu dem Grundwort „wido“:

widāri* 2, widėri* (1), wid-ār-i*, wid-ėr-i* (1), as., st. M. (ja): nhd. „Waldarbeiter“, Holzarbeiter, Holzhauer; ne. woodworker (M.); ÜG.: lat. caesor GlTr; Hw.: s. wido*; vgl. ahd. *witāri? (st. M. ja); Q.: FM (1100), GlTr; E.: s. wido*; B.: FM Dat. Sg. Uuidera

widomānuth?***, widumānoth?***, wid-o-mā-nuth?***, wid-u-mā-noth?***, as., st. M. (a): nhd. „Holzmonat“, September; Hw.: vgl. ahd. witumānōd* (st.M. a); anfrk. widumānōth; E.: s. wido*, mānuth*; Son.: nach Holthausen, F., Altsächsisches Wörterbuch, 2. A. 1967, S. 87a in den kleineren altsächsischen Denkmälern belegt, dort aber nicht auffindbar

Ortsbezeichnungen, die auf die Wurzel „widu“ zurückgehen, sind nicht selten: Wiedenborstel, Wiedenbrück, Wiedenbrügge, Wiedenest, Wiedenhof, Wiedenrode, Wiedenzhausen etc.

Was den zweiten Teil “…sahl” angeht, so kann man zumindest in Erwägung ziehen, ob es mit dem Grundbegriff „seli“ der frühmittelalterlichen Grundherrschaft zusammenhängen könnte. Dieser Begriff in seiner Grundform findet sich in vielerlei Zusammensetzungen im Altsächsischen:

 sėlihof 1, sėl-i-ho-f, as., st. M. (a): nhd. Gutshof, Salhof; ne. manor (N.); ÜG.: lat. curtis dominica Gl; Hw.: s. selihova*; vgl. ahd. selihof (st. M. a); Q.: Gl (Schlettstadt Bibliothèque et Archives Municipales Ms. 7 früher Ms. 100) (12. Jh.); E.: s. sėli*, hof*; W.: mnd. selehof, M., Salhof, Sattelhof; B.: Gl (Schlettstadt Bibliothèque et Archives Municipales Ms. 7 früher Ms. 100) selihof uronehof curtis dominica Gl 3, 629, 16; Son.: vgl. Holthausen, F., Altsächsisches Wörterbuch, 2. A. 1967, S. 63a, Gallée, J., Vorstudien zu einem altniederdeutschen Wörterbuch, 1903, S. 263, nach dem Althochdeutschen Glossenwörterbuch S. 515b nicht altsächsisch 

sėlihova* 1, sėl-i-ho-v-a*, lat.-as.?, st. F. (ō), sw. F. (n): nhd. Salhufe; ne. manor (N.); Hw.: vgl. lat.-ahd.? *selihoba? (st. F. ō, sw. F. n); s. sėli*, hōva*; W.: mnd. selhove; selihouam Akk. Sg. Liudburg in Hattorpa unam selihouam et holtmarka in Fliunnia 

selihoue, selihoua, selehoua; 1 selihoua cum duobus aratris uno anno; Son.: vgl. Gallée, J., Vorstudien zu einem altniederdeutschen Wörterbuch, 1903, S. 263 

sėlihūs* 1, sėl-i-hū-s*, as., st. N. (a): nhd. Salhaus; ne. manorhouse (N.); ÜG.: lat. domus H; Hw.: vgl. ahd. selihūs (st. N. a); Q.: H (830); E.: s. sėli*, hūs; B.: H Akk. Sg. selihus  

sėliland 7, sėl-i-lan-d, as., st. N. (a): nhd. Land zum Herrenhof, Salland; Für die Ländereien eines Grundherrn (Salland), ne. estate (N.); ÜG.: lat. dominicatus mansus Urk; Hw.: vgl. ahd. selilant (st. N. a); Q.: Kötzschke R. Die Urbare der Abtei Werden an der Ruhr (Anfang 10. Jh.); E.: s. sėli*, land; W.: mnd. selelant, N., Sattelland; B.: Kötzschke R. Die Urbare der Abtei Werden an der Ruhr Bd. 2 1906 S. 279, 1 Nom. Sg. selilant, S. 16, 1, S. 16, 2 Akk. Sg. seliland, S. 18, 24 Dat. Sg. selilande, S. 273, 10 als Eigenname selilandis, S. 275, 6 als Eigenname selilant, S. 277, 3 als Eigenname selilande; Kont.: Kötzschke R. Die Urbare der Abtei Werden an der Ruhr Bd. 2 1906 S. 16, 1 ad curtem dominicam suum seliland

Im Deutschen finden sich auch Bezeichnungen wie Salhof, Salgut und Sedelhof und Salland für herrschaftliches Land oder Gut. Im Geschichtslexikon heißt es zu letzterem Begriff:

Salland (mhd. sallant, sellant = Herrenland; mlat. terra salica). Der vom Grundherrn in Eigenwirtschaft bearbeitete Teil der landwirtschaftlichen Gesamtfläche eines Fronhof-Verbandes. (Der übrige Boden wurde als Hufenland von freien oder unfreien Bauern bearbeitet.) Es war meist um den ®Fronhof(Salhof) als Zentrum gruppiert.  Es bezeichnet Land, das in der mittelalterlichen Grundherrschaft (v.a. im 8.-12.Jhd. unmittelbar zum Fronhof gehörte und das ursprüngliche Familiengut des Grundherren war. Ein Fronhof war mit mehr oder weniger ausgedehnten Ländereien ausgestattet, die vom Grundherrn oder dessen Verwalter in Eigenwirtschaft betrieben wurden und deren Gesamtheit als Salland (terra salica) bezeichnet wird

Sal, Sale, Salung (mhd. –vgl. engl. Sale =Verkauf): Besitzübertragung eines Gutes, bes. der formelle Rechtsakt durch Übergabe eines Salbriefes (davon Salbuch) im Beisein von Salleuten, Salmännern als Zeugen, bzw. Testamentsvoll-strecker; Herrenland (terra salica) lag meist Streubesitz in Gemengelage mit den bäuerlichen Gütern und wurde vom Hausgesinde und den Tagelöhnern, v.a. mit den Frondiensten der Grundholden bestellt

Erwähnt hatte ich schon den Zusammenhang mit dem Geschlechtsnamen der Salier. Folgende Ortsnamen werden in der Literatur auf den Begriff „seli“ bzw. lat. terra salica zurückgeführt: Saaldorf, Bruchsal (Herrenland im Bruch), Salem, Soldorf, Brüssel, Scheeßel usw. wie auch Brüssel. Dort wo der Grundherr ein Kloster war (wie im Falle von Loccum) und lateinisch gesprochen wurde, wird man eher auf das lateinische terra salica rekurriert haben und die Endung – sal präferiert haben.

In unserer Gegend könnte man auch die Ortsnamen Nordsehl (=Herrenland im Norden), Essel und Pennigsehl  (bei Nienburg) erwähnen. Auf jeden Fall würde die genannte Ableitung auf keinen Fall sagen, dass der Herrenhof selbst in diesem Ort lag, sondern eben nur das Herrenland, also Land, das vom Grundherren bzw. in dessen Auftrag direkt bearbeitet wurde, dort vorhanden war. Dass der Vokal zwischen „a“, „o“ und „e“ im Laufe der Zeit wechselte, ist, wie oben deutlich wird, durchaus möglich, sogar wahrscheinlich.

Gez. Dr. Adolf Peeck